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Foto: Mario Webhofer (www.mariowebhofer.at)

 

…zu Kommissar Prohaska: Weltstadt Innsbruck…kommt vom Tiroler Schriftsteller Helmuth Schönauer

 

Kommissar Prohaska – Weltstadt Innsbruck

Das Perverse an alpinen Figuren besteht meist darin, dass sie äußerlich durchaus internationales Format verströmen, sobald sie aber den Mund aufmachen Geröllmassen von unverständlicher Semantik ausspucken. Ähnlich verhält es sich mit der “Weltstadt Innsbruck”, hinter einer Fassade von Tourismus-Business spielen sich erschütternde Provinzszenen ab.

Daniel Suckert schickt seinen Kommissar Prohaska durch die Weltstadt Innsbruck, als strafversetztem Kiberer bleibt ihm natürlich nichts erspart, zumal er vom Inspektor Maier begleitet wird, dessen tirolerische Unbedarftheit schon beinahe patriotisch ist. Die zehn sogenannten Fälle, die es im Laufe eines Jahre abzuarbeiten gilt, sind forensische Peanuts, das einzige Thema ist die Jahreszeit, in der sie spielen, weshalb in Tirol stets von saisonalen Einsätzen gesprochen wird.

Ein Stofftier in der Innenstadt, das einem Mädchen in die Pfütze fällt, löst großen Tumult aus, denn im Handgemenge des Volkes gilt das Stofftier Hasi als heilig und der anwesende Inspektor als Kinderschreck. Mit den Vorurteilen sind die Innsbrucker überhaupt schnell bei der Hand, vermutlich hat es damit zu tun, dass der echte Innsbrucker eigentlich ein Migrant ist und stündlich um seine Reputation als Bewohner einer Weltstadt kämpft.

Ein U-Boot neben der Inn-Promenade, eine Razzia im falschen Lokal, eine Winternacht, die ums Verrecken nicht nüchtern auszuhalten ist – fast hat es den Anschein, als ob man sich in Innsbruck sogar die Kriminalfälle mühsam verdienen müsste.

In diesem Ambiente bleibt jede Menge Zeit für lebensphilosophische Erörterungen. Die todesbrünstigen Überlebensphantasien einer Wieners und die naiven Herrgottsfloskeln des Tirolers ergeben einen Disput von beinahe urgriechischer Dimension. Als Feindbild jeglicher Überlegung wird dabei stets der Profiler Thomas Wühler angerufen, der als Ex-Tiroler beim FBI Profile erstellen und eine arrogante Nase aufsetzen gelernt hat.

Die einzelnen Episoden bestehen in der Hauptsache aus wild ausuferndem Dialog und aus einer Dialektik, die jeweils knapp an den Nonsens heranreicht. Nicht die Antworten erklären das Phänomen Weltstadt Innsbruck sondern die grenzwertige Fragestellung und der Abschlussbericht als simpler Stempelvorgang.

“Und Sekunden später drückte Maier den berühmten braunen Stempel auf die Akte des Verbrechers. In dicken, dunkelroten Lettern stand drauf: Fall abgeschlossen.” (92)

Daniel Suckerts Kurzgeschichten erzählen unterhaltsam vom Bemühen unauffälliger Beamter, aus einer ereignislosen Nicht-Stadt so etwas wie Weltniveau herauszupressen. – Ein skurriles Unterfangen.

 

Daniel Suckert: Kommissar Prohaska – Weltstadt Innsbruck. Zehn humoristisch-skurrile Kurzgeschichten.

Innsbruck: pyjamaguerrilleros 2010. 148 Seiten. EUR 15,-. ISBN 978-3-9503021-0-3.

Daniel Suckert, geb. 1980 in St. Johann / Tirol, lebt in Innsbruck.

Helmuth Schönauer 14/01/11

Infos: http://www.schoenauer-literatur.com/

…Suckerts Kurzgeschichten erzählen unterhaltsam…

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